Sportlerschulter
Sportlerschulter
Der Sammelbegriff „Sportlerschulter“ schließt verschieden medizinische Diagnosen wie z.B. der Schwimmerschulter, Throwing Shoulder, etc. ein. Diese Zusammenfassung ist möglich, da die Entstehung dieses komplexen Beschwerdebildes bei Überkopfsportarten sehr ähnlich ist. Die Patientin oder der Patient klagt über einen stechenden Schmerz bei der maximalen Ausholbewegung oder Beschleunigungsphase während eines Schwimmzugs, Wurfs, Schlags, etc. Hier zeigen Sportarten wie Schwimmen, Handball, Volleyball, Tennis, Baseball und Turnen eine erhöhte Inzidenz. Vor allem repetitive Überlastungen stellen ein erhöhtes Risiko dar. In diesem Blog finden Sie wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, welche den Beschwerdekomplex verständlich machen sollen.
Anatomischer Problemaufriss
Die große Besonderheit des Schultergelenks ist die geringe Formschlüssigkeit, bedingt durch das Verhältnis eines großen Oberarmkopfes gegenüber einer sehr kleinen Gelenkpfanne. Muskeln, Bänder und die Gelenkkapsel sind hauptsächlich für die Bewegungslimitierung und -stabilisierung verantwortlich. Einerseits ist dadurch ein großes Bewegungsausmaß möglich, andererseits ist das Gelenk gegenüber Instabilitäten und Überlastungssyndromen anfällig. Eine adäquate Zentrierung des Gelenks ist nur möglich, wenn die gelenksumgebende Muskulatur in einem ausgewogenen Verhältnis steht. Außerdem stellt das Schulterblatt eine weitere Hürde dar, da sie eine maßgebliche Rolle in der Grundpositionierung des Schultergelenks einnimmt. Somit wird ein hohes Maß an Koordination für eine funktionelle, schmerzfreie Schulter vorausgesetzt.
Ursachen der Sportlerschulter
Die Ursachen können sowohl ein funktionelles Problem als auch eine strukturelle Schädigung im Rahmen von Verletzungen sein. Das „Walch-Jobé-Modell“ sieht eine vorhandene Instabilität der Schulter als Ursache (Jobe et al., 1989). Rezidivierende Überlastungen führen zur Aufdehnung der vorderen Kapsel. Dieser Mechanismus dezentralisiert den Oberarmkopf von der Gelenkspfanne. Bleibt dieser Zustand untherapiert entstehen weitere Mikrotraumen. Die hintere Kapselregion reagiert und zieht sich zusammen. Durch die strukturelle Veränderung findet man in der klinischen Untersuchung eine passiv eingeschränkte Innenrotation und erweiterte Außenrotation. Das präsentierte Bild wird durch die fehlende rollende Bewegung des Kugelgelenks begründet. Bei einer Innenrotation der Schulter, kommt es zu einer Platzforderung des hinteren Kapselanteils. Durch die Dezentralisierung wird die Instabilität begünstigt und Folgeverletzungen der Rotatorenmanschette, des Kapselrands und anderer Strukturen in der Schulter sind vorprogrammiert (Burkhart et al., 2003).
Selbsttest
Sie können den Status ihrer Gelenkskapsel der Schulter selbst erheben. Der Test, welcher gleichzeitig eine wirksame Übung bei einer eingeschränkten passiven Innenrotation der Schulter darstellt, nennt sich “Sleeper Stretch”. Dafür legen Sie sich auf die betroffene Seite, winkeln den am Boden liegenden Arm im 90 Grad Winkel vom Körper ab und stellen den Unterarm senkrecht zur Unterlage auf. Nun drücken Sie den Unterarm langsam Richtung Boden, so dass sich die Fingerspitzen Richtung Fußende bewegen. Wenn Sie bei dieser Testung ein ziehendes Gefühl in der hinteren Schulter wahrnehmen und sich der Unterarm nicht weiter als 45 Grad zum Boden annähern lässt, können Sie von einer passiven Einschränkung der Gelenkskapsel ausgehen. Da die Übung sehr intensiv ist und schmerzhaft sein kann, bitten wir mit viel Vorsicht und wenig Geschwindigkeit vorzugehen.
Therapeutischer Leitfaden
Wir bei VOSS orientieren uns bei der Behandlung einer Sportlerschulter an den „Five P´s“. Das Rehabilitationsmodell orientiert sich an den englischen Begriffen Pivoters (Ausgangsstellung des Schulterblatts), Protectors (Rotatorenmanschette -> Zentrierung des Gelenks), Positioners (Grobbewegung), Propellors (Endgradige Bewegungen) und Preparators (Zusammenspiel zwischen Rumpf und Schulter). Weitere Informationen finden Sie in unserer Praxis oder auf unserem YouTube Channel.
Literatur
Burkhart, S. S., Morgan, C. D., & Kibler, W. B. (2003). The disabled throwing shoulder: Spectrum of pathology Part I: pathoanatomy and biomechanics. Arthroscopy: The Journal of Arthroscopic & Related Surgery: Official Publication of the Arthroscopy Association of North America and the International Arthroscopy Association, 19(4), 404–420.
Jobe, F. W., Kvitne, R. S., & Giangarra, C. E. (1989). Shoulder pain in the overhand or throwing athlete. The relationship of anterior instability and rotator cuff impingement. Orthopaedic Review, 18(9), 963–975.
Keywords: Sportlerschulter, Schwimmerschulter, Thrower´s Shoulder,